Ortsführungen sind ja nichts Besonderes, auch nicht in den kleinen Rheinhessischen Dörfern. Und dennoch wollte der Mommenheimer Ortsbürgermeister anlässlich des 1.250sten Ortsjubiläums unbedingt eine Ortsführung anbieten. Nur dann musste es eben eine ganz besondere Führung sein, mit echten Highlights, die auf den ersten Blick nicht erkennbar sind. Und so entwickelte er mit dem früheren Vorsitzenden des Geschichtsvereins „Historia Mommenheim“ die „Ultimative Jubiläumsführung“. Die Zeitreise begann tatsächlich im Jahr 766, dem Geburtstag Mommenheims. Der erste Anlaufpunkt lag auf dem Alten Friedhof, in einer eher abgelegenen, mystisch dunklen „Ecke“. In einem Erdloch wurden nämlich die Gebeine von ca. 25 bis 30 „Muminheimern“ bestattet. Vor 13 Jahren fand man die Knochen eher zufällig in einem Wingert auf dem Nazarienberg. Das Alter der Gebeine wurde von der Universität auf das 8. Jahrhundert wissenschaftlich bestimmt.
In der Evangelischen Kirche spannte der Ortsführer Ludwig Kranz einen weiten Bogen von der frühesten Besiedlung bis zur Gegenwart. Dabei wurden Fotos von Fundmaterialien aus dem Depot des Landesmuseums sowie Originalstücke der Laténezeit (ca. 500 v. Chr.) gezeigt, die jeder Teilnehmer selbst in die Hand nehmen konnte.
Danach wurden die beiden Kirchen in ihrer unterschiedlichen Bauweise erklärt und die Umstände während und nach der Zeit der Reformation beleuchtet. Anschließend folgte ein Gang durch den historischen Ortsmittelpunkt mit der teilweise schönen Bausubstanz aus dem 17. Jahrhundert. In einem der beiden ältesten Wohnhäusern öffneten sich ausnahmsweise die Tore, so dass man die vielen Details der Anlage begutachten konnte. Nur hundert Meter weiter befand sich über Jahrzehnte der Supermarkt, eine wahre Institution zu damaliger Zeit. Überhaupt war die Rheinstraße früher eine richtige Hauptgeschäftsstraße mit einem großen Angebot von Gaststätten. Viele Fotos dokumentieren, dass Mommenheim früher mit weniger als 1.000 Einwohnern eine große Bedeutung auch für die Region gehabt haben musste. Schließlich gab es an dem Standort des heutigen Dorfplatzes ein richtiges Kaufhaus. „Da kriegte man Alles“, kommentierte bewundernd die älteste Teilnehmerin. Den Spannungsbogen hielt Ludwig Kranz bis zum Schluss aufrecht. Denn wann kommt endlich die angekündigte „Kuhkapelle“ ? Insider wussten, dass es in Mommenheim mindestens noch 4 Kuhkapellen gibt, nur eine ist aber in der Literatur erwähnt. Der Architekt Bardo Kleinschmitt öffnete sein Haus – und man betrat tatsächlich einen hohen Raum mit Kreuzgewölbe, eine „Kuhkapelle“. Kuhkapellen entstanden in Rheinhessen in der nachnapoleonischen Zeit und wurden in der Tat als Kuhställe genutzt – welch eine „tierisch-tolle“ Kultur auf höchstem Niveau !
Für den Abschluss, der mit Imbiss und Weinverkostung vorgenommen wurde, stellte Familie Georg und Maria Grimm in der Zwerchgasse ihre „Kuhkapelle“ zur Verfügung, wo dann auch die spezielle Bedeutung dieser rheinhessischen Besonderheit erklärt werden konnte. So konnte man feststellen, dass sich auch Menschen wohlfühlen, wo Kühe 200 Jahre lange ihr Zuhause hatten.